Dienstag, 19. Oktober 2010

Lustgewinn? - Pornographie an meinem Bett

PC-Sex ist  keine leichte Arbeit: Beim Sex gegen das Patriarchat bin ich dabei (auch wenn ich die Verknüfpung von Lust und Reflexion als orgasmusfeindlich empfinde) - zumindest aber, wenn es darum geht, den geistigen und sexuellen Horizont zu erweitern. Also her mit der Pornographie, ich brauche Aufregung in meinem Bett.

Was heißt das eigentlich Pornographie für Frauen? Diese Frage stellt sich nicht nur Jens Friebe, sondern auch die Brigitte und Fit for Fun.  Fernab natürlich von alten Bekannten wie der Bild. Aber auch Blätter mit seriösen Anspruch wie Der Spiegel klären auf. Es zeigt sich: Sex geht augenscheinlich alle etwas an, ob Fitnessfreak, solide Hausmutter, das Proletariat oder die akademischen Zirkel.  Bei meiner Recherche blieb ich auf  Sexfilme für Frauen hängen  und  entschloß mich mit drei Filmen auf Trap zu bringen und sowohl Seh- als auch Sexgewohnheiten zu erneuern: German Beauty (Die Bild da zu: "in diesem Porno geht's wild zu: Rainer Rosig schlafwandelt lustlos durchs Leben. Seine Ehefrau, Immobilien-Maklerin Frauke, sext mit ihren Kunden, um so ihre Häuser zu verkloppen. Auch Rainers Tochter Tatjana ist kein Kind von Traurigkeit und verlustiert sich mit Nachbar Max. Als Rainer die beste Freundin seiner Tochter kennen lernt regt sich was an ihm und er bringt wieder Glanz in seine Hütte. Richtig, „German Beauty“ ist eine Parodie auf „American Beauty“. Es knistert in der Kiste – und die Musik ist auch schön"), Pink Prison und Five Hot Stories For Her.

Nachdem ordnungsgemäß der Hauptfilm des Abends hinter sich gebracht worden war, wir waren zu zweit, wurde verschämt und doch mit leicht nervösem Unterton und Gekicher im Gespräch der Versuch ins Rollen gebracht. Also ja: Ich habe auch Hemmungen über Sex offen zu reden, denn sobald Intimität auftaucht wird Sex zum bekannten Minenfeld, wo jeder geäußerter Wunsch oder jede ausgesprochene Phantasie mit unter die Offenbarung der eigenen Perversion darstellt und potentiell den/die PartnerIn verschrecken könnte und man mit Zurückweisung umgehen müßte. Außerdem scheint die Sozialisation den meisten von uns eingetrichtert zu haben, daß Pornos kein Gemeinschaftsding sind, sondern eher was für das stille Kämmerlein.

Das Experiment startete mit German Beauty. Warum dieser Film jetzt genau zu Frauenpornographie gehören soll (so zumindest laut Bild), erschließt sich mir überhaupt nicht. Vielleicht deswegen, weil bis zum Vollzug des ersten Geschlechtsakts gefühlte zehn Minuten vergehen? Verpackt in schlüpfrigen Dialogen und billiger Requiste ist dieser Film meilenweit davon entfernt, was sich Konsumentinnen von Pornographie wünschen.

So steht anscheinend der Wunsch nach normalen Frauen im Vordergrund und nicht nach hochglanz Superblondinen mit schön gemachten, großen Silikonbrüsten. Ausgehend von meinem sporadischen Wissen über Pornographie möchte ich behautpen, daß dieses Kriterium vor allen Dingen in Vintagefilmen weithin erfüllt war, wo Frauen einen kleinen Bauch haben oder heute durch das einstellen von Amateurfilmen gesichert ist. Die Frage, die sich mir an dieser Stelle stellt, ist aber: Will ich nicht gerade die Illsuion von schönem Sex und gehört dazu nicht auch ein schöner Körper?

Aber was bedeutet "schön" in diesem Zusammenhang? Es ist kein Geheimnis mehr, daß unser ästhetisches Empfinden durch kulturelle Erzeugnisse geprägt ist, wir durch Werbung und Film beeinflußt werden, indem was wir als schön oder ästhetisch wertvoll finden. Hier kann ein kalkulierter Tabubruch durchaus aufrüttelnd wirken und mich zum nachdenken über stereotype Darstellungen bringen, aber wirkt sich dieser Tabubruch auch bereichernd auf mein Sexleben aus? Nein. Ich befürchte, mein Interesse Lieschen Müller und Karl Schmidt beim Sex zu sehen, ist gering. Also doch gefangen in der heterosexuellen Zwangsmaterix. I don't care. Denn auch Filme wie Five Hot Stories haben Protagonistinnen, die ich als "schön" bezeichnen würde, trotz kleiner Brüste oder verrucht: einer Tätowierung.  So ganz mag sich die Pornoindustrie also doch nicht vom Schönheitsideal verabschieden (oder vielleicht habe ich auch die falschen Filme erwischt?), Sexfilmchen mit adipösen Menschen werden wohl immer noch unter Special Interest gehandelt, wobei eine Tätowierung heute einen Menschen nicht mehr zwangsläufig entstellt.  Und letztendlich wird es Konsumentin und Konsument egal sein, denn so lange der Sex stimmt, ist man wohl bereit Tätowierungen zu übersehen.

Das Problem, was ich mit Five Hot Stories hatte, war eher banaler Natur: Meine Kopie war in Spanisch und da ich dieser Sprache nicht mächtig bin, hätte ich mir auch einfach nur einen beliebigen Bumsfilm ansehen können bzw. verlor so schnell die Inszenierung den Reiz, da ich die Dialoge nicht verstanden habe und es sich meiner Erkenntnis entzieht, in wieweit hier mit gängigen Clichés gebrochen wird. Allein die Kameraführung hat mir im ersten Teil noch keine besondere Seite der Erotik offenbart.

Als letzten Film habe ich Pink Prison angefangen. Dieser Film ist auf narrativer Ebene tatsächlich interessant, bricht er doch direkt am Anfang mit der Figur der allzeitbereiten Lady , die es kaum erwarten kann, gevögelt zu werden (spannend natürlich auch die Frage: Was ist mit dem allzeitbereiten Mann? Oder sind Männer tatsächlich doch nur diese Typen, die immer an Sex denken? Immer können und immer wollen und sowieso gut bestückt durch die Gegend rennen?). Die erste Sexszene zeigt dann auch tatsächlich eine Frau, die einen Mann bei der Masturbation beobachtet und davon angetörnt wird. Insgesamt wird die Hauptdarstellerin als starke Frau inszeniert, die weiß, was sie wann will. Und natürlich gefällt mir das. Trotzdem wurde der Film spätestens da ausgemacht, wo Gemüse mit in das Sexspiel einbezogen worden ist.

Filme aus dem frauenfreundlichen Genre werden im übrigen auch als HeartCore bzeichnet. Diese Begrifflichkeit greift aber auch nur ein gesellschaftliches Stereotyp auf, werden hier doch pornographische Filme mit einer "weichen" und "emotionalen" Seite und Weiblichkeit verbunden - eben das Herz für Frauen und das Harte für die Männer. Aus dem gleichen Grund wehre ich mich auch von Erotik zu sprechen, scheint mir dieser Begriff eine Abstufung zum Begriff der Pornographie zu beinhalten. Ich zumindest will explizite Sexszenen und nicht erotische Abenteuer sehen, die ich so auch ab 20 Uhr im Fernsehen geboten bekomme.

Eine weiterhin wichtige Frage, die für mich den verantwortungsvollen Umgang mit Sex bzw. Pornographie ausmacht - natürlich auf allerlei Geschlechter bezogen - , ist die Art der Produktionsbedingung. Ein Pornofilm kann nach außen hin bzw. innerhalb des Plots und der Story mit Vielerlei brechen (hier beispielsweise die Forderung im Puzzy Power Manifesto), dies ist sicherlich wünschenswert. Bin ich ein/e aufgeklärte/r ZuschauerIn, sollte es mir jeder Zeit möglich sein, zu erkennen, daß es sich um einen Film handelt, also um eine Narration und keineswegs die Wirklichkeit abbildet. Daß dieser Film auch Rückwirkungen auf unsere Wahrnhemung haben kann, möchte ich nicht bezweifeln bzw. habe dies auch bereits kurz in einem vorherigen Absatz angerissen, sehe hier aber immer noch mehr Spielraum und mit entsprechender Kompetenz noch lange nicht die größte Gefahr (außer eben, daß es in der Pornographie oftmals heißt: Porn for white, middleclass men by white, middleclass men und so relevante andere Praktiken und Möglichkeiten der Ausgestaltung von Sexualität unterschlagen werden). Als wichtiger emfpinde ich, daß alle Sexszenen freiwillig gedreht wurden und nicht unter ökonomischen Zwängen erfolgen (Überraschungsmomente, was auf SchauspielerInnen am Set zukommt und sollten sie nicht mitmachen, wird eben der oder die Nächstwillige gebucht). Was jemand erregend findet oder nicht, was er mit sich machen lassen will oder eben nicht, mag jenseits meiner Vorstellungskraft liegen, wichtig erscheint mir nur, daß die vor der Kamera stehende Person in all ihren Bedürfnissen respektiert und anerkannt wird. Darüber scheint man sich auch bei dem PorYes-Award Gedanken gemacht zu haben, wenn man deren Kriterien betrachtet.

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