Dienstag, 5. April 2011

berühmte Fragebogen - Notizbuch mit den Fragebogen von Max Frisch

© amazon.de
"Die berühmten Fragebogen von Max Frisch zu Freundschaft, Heimat, Tod, Humor, Frauen und Geld mit genügend Raum für Ihre Antworten." Es ist Zeit für Max Frisch, denn er hätte in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert. Grund genug für Suhrkamp seine Fragebogen in einer handlichen Notizbuchausgabe zu veröffentlichen: Eine Aufforderung zur Selbstreflexion, zur Erkundung der eigenen Positionen, denn die Ausgabe bietet Raum für die eigenen Antworten.   Leseprobe direkt beim Suhrkamp Verlag.  Alle Fragebogen wurden von I-XI  numeriert und wurden zu erst 1972 in  Tagebuch 1966-1971 veröffentlicht. Beispiel gefällig? Dann weiterlesen, meine Antworten auf I.



1. Sind Sie sicher, daß Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert? 
 Unentschlossen.
2. Warum? Stichworte genügen.
Aus einer humanistischen Perspektive: Ja. Man trägt Verantwortung auch für nachkommende Generationen. Sollte ich Menschengeschlecht unter Umwelt subsumieren, dann würde meine Antwort ebenfalls 'ja' lauten. Ist dies nicht der Fall und das Wort  "Menschengeschlecht" sich wirklich nur auf den Menschen beziehen, muß ich sagen: Nein. Ich glaube, daß die Umwelt ohne den Menschen erheblich besser dran wäre. Die alleinige Erhaltung des Menschen scheint mir bei der Vielfältigkeit der Umwelt/Natur einfach abstrus.
© Flegmus
3. Wieviele Kinder von Ihnen sind nicht zur Welt gekommen durch Ihren Willen? 
 Einige.
4. Wem wären Sie lieber nie begegnet? 
 Dem ein oder anderen Menschen.
5. Wissen Sie sich einer Person gegenüber, die nicht davon zu wissen braucht, Ihrerseits im Unrecht und hassen Sie eher sich selbst oder die Person dafür? 

Ich befinde mich sehr oft im Unrecht gegenüber anderen Menschen, da meine Sichtweise auf Menschen im höchsten Grad von den Emotionen geprägt ist, die mich zum Zeitpunkt meiner Äußerung dominieren. Dafür hasse ich mich meistens selber, manchmal aber auch die Person, die mich in derartige Zustände bringt. Obwohl ich gerade "hassen" als sehr starkes Wort dafür empfinde. "Wütend" charakterisiert es wohl eher.
Borges
6. Möchten Sie das absolute Gedächtnis? 

Diese Frage kann ich dank einer Kurzgeschichte von Borges "Das unerbittliche Gedächtnis" mit einem klaren "Nein" beantworten. Lesen bildet!
7. Wie heißt der Politiker, dessen Tod durch Krankheit, Verkehrsunfall usw. Sie mit Hoffnung erfüllen könnte? Oder halten Sie keinen für unersetzbar?

Nun ich wünsche der Schröder ein ähnliches Skandälchen wie Guttenberg, das erscheint mir noch relativ harmlos im Vergleich dazu, jemanden wirklich den Tod zu wünschen. Allerdings kann ich mir vorstellen, daß man unter Umständen einem Diktator den Tod wünscht. Aber wahrscheinlich sind auch Diktatoren durch andere Diktatoren ersetzbar.
8. Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen? 
Aus meinem Umfeld? Meinen Opa, der zur Zeit des Warschauer Ghettoaufstandes aktiv Menschen ermordet hat und überzeugter Anhänger der NSDAP war.  Ansonsten fände ich es spannend, diverse Menschen wiederzusehen, die aus der Geschichte bekannt sind.
9. Wen hingegen nicht? 
Weiß ich ehrlich gesagt nicht, da ich es mir sehr spannend vorstelle, mit jemanden zu reden, der Tod war. Wenn es denn einer sein müßte, so würde ich sagen, daß ich auf keinen Fall Kai Diekmann als Erstes sehen müßte. 
10. Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher? 
Ja, warum nicht? Allerdings erscheint es mir nur paradiesisch in einem Land, in dem kein Despot herrscht, die Todesstrafe nicht vorkommt und weitere Unannehmlichkeiten vermieden werden können. 
11. Wie alt möchten Sie werden? 
Sehr alt ohne die Nachteile des Alterns.
12. Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein. 
Ja und Nein.
13. Warum nicht, wenn es Ihnen richtig scheint? 
Wie man aus der Geschichte weiß, gerade auch aus der deutschen Geschichte: Auch die Mehrheit kann sich irren.  Allerdings bin ich nicht eitel genug zu behaupten, daß ich die Weisheit mit Löffeln gefressen habe. 
14. Hassen Sie leichter ein Kollektiv oder eine bestimmte Person und hassen Sie lieber allein oder im Kollektiv? 
Sowohl als auch: Ich hasse gerne ein Kollektiv als auch eine bestimmte Person. Und ich hasse auch gerne im Kollektiv. Alleine hassen ist so einsam. Aber provokant.
15. Wann haben Sie aufgehört zu meinen, daß Sie klüger werden oder meinen Sie's noch? Angabe des Alters. 
Jeder Tag macht mich klüger. Und häßlicher.
16. Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik? 
Meine Selbstkritik ist nicht überzeugend, sondern vernichtend.
17. Was, meinen Sie, nimmt man Ihnen übel und was nehmen Sie selbst übel, und wenn es nicht dieselbe Sache ist: wofür bitten Sie eher um Verzeihung? 
Meine Launenhaftigkeit und Unzuverlässigkeit. 
18. Wenn Sie sich beiläufig vorstellen, Sie wären nicht geboren worden: beunruhigt Sie diese Vorstellung? 
Nein.
19. Wenn Sie an Verstorbene denken: wünschten Sie, daß der Verstorbenen zu Ihnen spricht, oder möchten Sie lieber dem Verstorbenen noch etwas sagen? 
Ich möchte, daß der Verstorbene bzw. die Verstorbene noch einmal mit mir redet. Ich wünsche mir ein letztes Gespräch, wem dabei die letzten Worte gehören, mag das Gespräch entscheiden.
20. Lieben Sie jemand? 
Ja.
21. Und woraus schließen Sie das? 
Die Gedanken, die ich für diese Person habe, die ständig in den leeren Minuten zu der Person kehren, gerne am Morgen beim Aufwachen oder am Abend vor dem Einschlafen. Das leichte Flattern des Herzens, wenn ich die Person sehe. Das Bedürfnis zu der Person in Kontakt treten zu wollen. Die Vorstellung mit dieser Person alt zu werden. Das Gefühl zu haben, mir würde etwas fehlen, wenn diese Person nicht da ist. Das Lachen, daß ich gerne mit der Person teile. Die Person einfach festhalten zu wollen. Eine tiefe und ehrliche Akzeptanz der Fehler und Vorzüge der Person. Der Alltag der plötzlich bedeutungsvoll wird, wenn man jemanden liebt.
22. Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wir erklären Sie es sich, daß es dazu nie gekommen ist? 

Ich sah nicht die Veranlassung dazu, jemanden in meinem Umfeld zu töten. 
23. Was fehlt Ihnen zum Glück? 

Eine Wiese, die Sonne, das Haus am Meer, XXXXXXX, ein oder mehrere  Tier(e) und eine Bibliothek. Und Geld.   
24. Wofür sind Sie dankbar? 
Leben. Auch, wenn ich es oft hasse.
25. Möchten Sie lieber gestorben sein oder noch eine Zeit leben als gesundes Tier? Und als welches? 
© Joanne Merriam
Ich verstehe die Frage nicht. Möchte ich jetzt lieber sterben? Nein. Wenn ich gestorben bin, möchte ich dann als Tier weiter leben? Ja. Als dicke, fette, rote Hauskatze, die sich gerne am Bauch kraulen lässt. Oder als Seepferdchen, weil ich dann als weibliches Exemplar keine Kinder bekommen müßte.