Donnerstag, 22. November 2012

Kurz und knapp - Comics für jeden Bedarf



Mein Leben mit Mr Dangerous

Paul Hornschemeier

Quelle: www.carlsen.de
Comic| Carlsen Verlag | 160 S., 19,90 Euro ||Wen man zu seinem 26. Geburtstag ein pinkes Einhorn-Sweatshirt von seiner Mutter geschenkt bekommt, dann muss irgendwas schief gelaufen sein. Amy, Protagonistin in Hornschemeiers Buch, scheint an einem Tiefpunkt in ihrem Leben angekommen, ihr Leben dümpelt dahin. Es besteht darin, die Grausamkeit des Alltags zu überstehen, ihren Job irgendwie zu überleben und ihr verkorkstes Beziehungsleben zu reflektieren. Freundin sind eher rar gesäht, die Beziehung zur Mutter ist komplex bis schwierig, der Partner ein Arschloch, Trost auf dieser Dauerdurstrecke spenden einzig die treuen Begleiter Moritz, ein Kater, und eine Fernsehserie mit ihrem Helden Mr. Dangerous. Der natürlich, ganz die Nerdin, in allen Lebenslagen zitiert werden kann und als Referenzpunkt herhält. Überschattet wird das ganze auch noch mit einer unerfüllten Liebe zu ihrem besten Freund, der just nach San Francisco gezogen ist. Mehr Drama geht ja schon nicht mehr. Man hat das Gefühl, dass Amys Gefühlsleben genausesten von Hornschemeier für den Leser seziert wird. Manch einer wird das  als schmerzlich-langweilig empfinden, weil er sich mit keinem Deut mit Amy identfizieren kann. Für andere gwinnt damit Amys Charkter an Tiefe. Es ist eine Geschichte über Gefühle der Deplatziertheit und das Bewahren des Kindlichen in einer Erwachsenenwelt. Hornschemeier geht in seiner Geschichte spärlich mit Text um, oft sind es die Bilder, die das Innenleben seiner Protagonistin erzählen. Der Ton ist humorig –trocken bis melancholisch. Vom Stil her irgendwo zwischen Chris Ware und Jason und doch ganz eigen. Für Hornschemeier typisch werden auch hier unterschiedliche Erzählebenen in einem jeweils anderen Stil gezeichnet, Farbgebung und Zeichenstil passen sich dabei dem Inhalt der jeweiligen Ebene an und sind treffend gewählt. Amys Geschichte endet mit einem Happy End an allen Fronten. Wohlverdient möchte man meinen. 

Über Paul Hornschemeier hier und sein eigener Blog forlornfunnies hier 
Die Süddeutsche hat eine längere Rezension zum Comic         

    

Die besten Feinde
Eine Geschichte der Beziehungen der Vereinigten Staaten mit dem Nahen Osten. Erster Teil 1783/1953

Jean-Pierre Filiu und David B.

Quelle: www.avant-verlag.de
Comic | Avant Verlag | 120 S., 19,95 Euro || Der vorliegende Band ist ein Sachcomic, der sich mit der Beziehung der USA mit dem mitteleren Osten beschäftigt. Die Betonung liegt hierbei auf dem Wort SACHcomic und muss eher als historische Einfürhung in einen Konflikt gelesen werden, dessen Wurzeln bereits im Mittelalter liegen. Verantwortlich für den Comic zeigt sich der Historiker  und Spezialist für den Nahen Osten Jean-Pierre Filiu, der diese diese dichte, kompensierte Geschichte einer komplizierten Beziehung schrieb. Dabei ließ er auch Originalzitate einfließen, was den Aussagewert des Comics natürlich erhöhen soll. Der zeichnerische Part wurde von David B. übernommen, der wiederum Marjane Satrapi (Persepolis) und Craigh Thompson (Blankets) beeinflußt hat. Das Namedropping zeigt schon, wir haben es hier mit jemanden zu tun, der zeichnen kann. David B. schafft es, den Konflikt mit einer eigenen Bildersprache zu illustrieren und natürlich auch zu interpretieren. Es lohnt sich, seine schwarz/weiß Bilder eingehender zu betrachten. So wird der Turban zu einem mehrdeutigen Symbol: als Welt, die es zu erobern gilt; als Land, das man verteidigen muß, aber auch für ein zerfallendes Reich. Ein weiteres Beispiel befindet sich im Kaptiel „Öl“. Dort wird das Beziehungsgeflecht und seine Akterure als Teil von Ölpipelines dargestellt, das hat etwas Karikaturhaftes und macht das Buch, trotz vieler historischer Fakten vernüglich zu lesen. Der erste Band ist in vier Kapitel unterteilt und beschäftigt sich zunächst mit mythischen Ursprüngen (Epos von Gilgamesh). Es folgt ein ausführliches Kaptiel über Piraterie. Darauf das bereits erwähnte Kapitel „Öl“ und am Ende das Kapitel über den Staatsstreich im Iran. Man darf gespannt auf den nächsten Teil sein, wenn es dann um den Golfkrieg gehen wird.                         

Eine kleine Leseprobe findet man auf der Verlagsseite 
Eine Besprechung in der Welt von Waldemar Kesler 
Bei arte findet man ein kurzes Video  
Und ein kurzer Radiobeitrag beim schweizerischen Radio DRS 2

Dienstag, 13. November 2012

Vertrauen Sie mir - ich weiß, was ich tue!

Hausaufgabenzeit. Ziel war es ein paar kurze Paragraphen aus Sicht der 2. Person zu schreiben. Das kann schon mal schnell ermüdend wirken, weil man aus dieser Perspektive klingt, als ob man eher eine Gebrauchsanweisung schreibt. Du machst erst das, dann machst du aber das und vorher tust du aber noch... . Ich habe auch gelesen, daß manch einer die Erzählerin aus zweiter Perspektive auch eher als eine verkleidete Ich-Erzählerin empfindet. Stimme ich in soweit nicht zu, daß ich beim Lesen eher das Gefühl habe, näher an der Figur zu sein, weil man ständig das Gefühl hat, angesprochen zu werden.  Kann also funktionieren.

Wir haben als Beispiel How To Date A Brown Girl (Black Girl, White Girl or Halfie) gelesen. Persönlich war ich ein wenig enttäuscht von Junot Díaz` Geschichte. Muß ich mir wirklich eine Gebrauchsanweisung eines pubertierenden Jungens durchlesen, wie man sein Mädchen richtig erobert? Funktionieren Mädels nach dem Reiz-Reaktionsschema? Würde ich eine ähnliche Kurzgeschichte verfassen, in der ich schreiben würde, nun der weiße Junge will generell eh nur in mein Höschen, würde sich dann nicht auch die männliche Leserschaft auf den Schlips getreten fühlen? Da half auch nicht, daß mein Tutor das handwerkliche Können von Díaz lobte. Allerdings habe ich dann später bei Recherchen noch dieses Interview mit Díaz gefunden, was für mich die Kurzgeschichte gerettet hat. Díaz scheint sich Thematiken wie Rassismus und Sexismus bewußt. 

Was lernen wir daraus? Figur und Autor sind niemals eins. Eine Lektion, die man schon häufig in der Schule eingetrichtert bekam. Ganz zu schweigen vom Studium. Interessant wäre es im übrigen auch, wenn man die Geschichte weiter erzählen würde, ob der Erzähler der Geschichte, Erfolg beim Erobern hat oder ob es nicht im totalen Desaster endet, damit könnte man sich dann ironisch vom Geschriebenen distanzieren. 

Zurück zu meinen Hausaufgaben. Wir sollten ein paar wenige Zeilen aus der zweiten Perspektive schreiben, wie wir uns eine Überraschungsparty vorstellen. Anschließend aus der Ich-ErzählerInen Perspektive, wie die Party tatsächlich ist. Da ich gerade parallel auch damit beschäftigt bin, meine erste ernsthafte Kurzgeschichte zu schreiben, ist es doch eher kurz geraten. 



Slug fest


You know there will be no way out of it. Haven’t you observed them, gathering around as they were planning your assassination just as Lee Harvey Oswald did? Some might think that assassination is a strong word. But you know how it will feel – so called surprise parties; fake smiles and Chanel outfits blurring into gorgeous lipstick girls and dancing queens. All strangers to you. Poster gents in dernier crie fashion lining up to speak to you, looking as though they are missing out on a healthy diet or just simply lacking self respect.  Slugs you call them by yourself. Creatures you know exist, but because they are deficient of any beauty or talent you tend to ignore them. Or sometimes step on. The air will be full of chinking laughter and the stench of swanky perfume will transport you to the balcony. But first you will need to starve on conversational chunks. But you are trained in patience; 7 years in the business taught you faster than any biology class the nuances of Darwinism. From “You sound like a dedicated and creative author with an interesting story to tell your readers. Unfortunately I only handle romance and chic lit (E.L. James)” to “I wish there were an audience for a book of this kind.  But there isn’t. It won’t sell”. And now the PEN award functions as a door stopper in your apartment and they are still waiting for you to get the Pulitzer - a decoration for surviving the bestselling list.

Before I even open the door I hear Morrissey elaborate on birthdays. “I've come to wish you an unhappy birthday 'Cause you're evil. And you lie.  And if you should die I may feel slightly sad.” “Friends they always know what’s best for you”, I mumble to myself before I go into my apartment. I am wondering why they didn’t choose to surprise me at my publisher’s office. Well, maybe they had been fearing an excess just like last year, where police were standing outside the building and paparazzi harvesting the crowd’s misdemeanours. But today my room looks more like one of those tupperware parties. Quickly scanning the room, I see no fancy decoration, just a buffet that wouldn’t even feed a football team. I see Allen and Tom, Marc and Julie, and Jinx and Klaus:  all clasping a flute of sparkling wine in their hand, probably having a conversation about the new  pretentious Sheila Sparks’ exhibition. And at the stereo – of course Brad is preparing for an in-depth conversation about new bands by browsing my music collection. Giles is actually missing, most likely still strung out from last night. He and I should definitely stop taking drugs.  Maybe tomorrow.


Und wenn die Uhren 13 schlagen - Die ersten Zeilen, die ich laß


"I´d been living in the house about a week when I noticed that the mailbox belonging to Apt. 2 had a name-slot fitted with a curious card. Printed, rather Cartier-formal, it read: Miss Holiday Golightly; and underneath, in the corner, Travelling. It nagged me like a tune: Miss Holiday Golightly, Travelling." (Truman Capote, Breakfast at Tiffany´s)


Auch mich hat Miss Holiday Golightly, Travelling verfolgt, sie hat sich festgesetzt im Unterbewußtsein und hat mich nicht mehr losgelassen. Ich mußte unbedingt mehr wissen über diese Person mit diesem höchst unseriösen Namen. Der wie das Versprechen aus einem Reiseprospekt klingt. Der naive Traum eines perfekten Lebens.

Und ja, es handelt sich hier nicht um den ersten Satz aus der Novella, der dann doch etwas biederer daher kommt mit "I am always drawn back to places where I have lived, the houses and their neighbourhoods." Und genau genommen handelt es sich bei meinem Zitat auch um einen Absatz, ich weiß. Aber es waren die ersten Worte, die ich aus dem Buch gelesen habe und wie sich die Szene danach entfaltet, das ist meiner Meinung große Schreibkunst. Selten hat mich eine Charaktereinführung mehr überzeugt als die der Holiday Golightly. Ein weiterer Auszug:


"But if Miss Golightly remained unconscious of my existence, except as a doorbell convenience, I became, through the summer, rather an authority on hers. I discovered, from observing the trash-basket outside her door, that her regular reading consisted of tabloids and travel folders and astrological charts; that she smoked an esoteric cigarette called Picayunes; survived on cottage cheese and melba toast; that her vari-colored hair was somewhat self-induced. The same source made it evident that she received V-letters by the bale. They were always torn into strips like bookmarks. I used occasionally to pluck myself a bookmark in passing. Remember and miss you and rain and please write and damn and goddamn were the words that recurred most often on these slips; those, and lonesome and love."

Ich möchte die Motive des Erzählers in ihrem Müll zu wühlen, unkommentiert lassen. Aber wie kann man einer Figur nicht verfallen, wenn sie sagt:


" My other brothers were more your size, runts. It was the peanut butter that made Fred so tall."

Ich habe lange einen Bogen, um das Buch gemacht. Im Hinterkopf habe ich es als Schmonzette abgestempelt und natürlich hat das Bild von Audrey Hepburn alles überschattet, die in dem gleichnamigen Film die Rolle der Miss Golightly verkörpert. Irgendwie war damit alles für mich gesagt.

Fatal. Jetzt freue ich mich auf eine elegant geschrieben Erzählung, die leichtfüßig und -atmig daher kommt, wie unschuldige Sommerzeit. Sommerzeit, oh Traurigkeit. Vielen Dank an die Nerven, die vielleicht hierfür den Soundtrack mit ihrem Lied geschrieben haben.